Strong Voices Interview #26: Verena Pausder
Dieses Interview mit Verena Pausder ist kein typisches unserer Strong Voice-Interviews, es war eher so: Ich habe alle meine Zweifel in Fragen verpackt und Antworten, neue Denkanstöße und Inspiration von Verena bekommen.
Selten hat mich ein Gespräch so inspiriert, aufgerüttelt und zum Handeln getrieben. Meine Bewunderung für Verenas Persönlichkeit lässt sich nicht in Worte fassen: ihr Pragmatismus, ihre Unterstützung, ihre Tatkraft und Lösungsorientierung.
ÜBER VERENA:
Verena Pausder ist eines der bekanntesten Gesichter der Start-up-Szene in Deutschland. Sie ist Unternehmerin, Expertin für digitale Bildung, Autorin und Gründerin von Fox & Sheep und den HABA-Digitalwerkstätten. Auch mit ihrem erfolgreichen Podcast "Fast&Curious" und "Verena's book club" inspiriert und stärkt sie andere.
Persönlich ist sie für uns eine Inspiration, weil sie nicht in Problemen, sondern in Lösungen denkt und ihren Worten Taten folgen lässt.
'Ist es erfolgreich?' und 'Schlägt mein Herz dafür?' - Verena Pausder
Foto Credits: Patrycia LukasUNSERE FRAGEN:
Was sind deine Tipps für die richtige Führung eines Junioren-Teams? Welche Strukturen braucht es deiner Meinung nach?
1. Keine Probleme präsentieren, sondern Lösungen. Junge Leute tendieren aufgrund mangelnder Erfahrung dazu, Probleme zu präsentieren. Man muss ihr Mindset ändern, sodass sie sich selbstständig Lösungen überlegen. Für unseren Jour Fixe bereiten meine Angestellten alles entscheidungsfähig vor. Das beinhaltet Pro- und Kontra-Argumente für die Handlungsmöglichkeiten sowie eine abschließende Empfehlung.
2. Eine effiziente Kommunikation. Nicht jedes Tool ist immer sinnvoll. Slack und WhatsApp ermöglichen vor allem eine kurze, prägnante Kommunikation. In E-Mails können gut Texte verarbeitet werden. Hier ist vor allem die richtige Struktur wichtig - beginnend mit „Ich brauche zu XY eine Entscheidung“ und einer kurzen und effizienten Zusammenfassung, ohne unnötige Zusatzinformationen.
3. Festlegung der wichtigsten To-Do’s am Anfang jeder Woche. Tools wie Asana eignen sich hier super. Anfang der Woche werden alle wichtigen Themen besprochen und mit dem Team priorisiert. Alles Zusätzliche wird nebenbei erledigt.
Was ist dein bester Tipp zur Mitarbeiterführung?
Echtes Interesse - 100% Fokus auf deine Mitarbeiter und sie wirklich sehen. Früher habe ich den Fehler gemacht zu denken, ich muss jederzeit nett und interessiert sein. Statt eines kurzen „Hallo, wie geht’s? Wie war dein Wochenende?“ ist es tiefgehender, sich gemeinsam eine Stunde zu setzen und zu fragen, wie es der Person wirklich geht. Das ist auch eine sehr gute Gelegenheit für wertschätzende Worte. Und dann wieder umschwenken auf den Arbeitsmodus.
In einem Start-up muss viel ausprobiert werden, aber alles hat seine Grenzen. Was sind für dich ausschlaggebende Punkte, wenn das Start-up einigermaßen erfolgreich ist, ein “Stop Doing” durchzuführen?
Alle drei bis vier Monate organisiere ich alle Themen und To Do’s in Asana. Dabei stelle ich mir zwei Fragen: “Ist es erfolgreich?” und “Geht mir dabei das Herz auf?” Ist es nicht erfolgreich, aber dir geht das Herz auf, gibt es dir positive Energie. Trifft beides zu, dann mach mehr davon. Aber ist beides nicht gegeben, lass es. Nimmt man die Erfolgsdefinition „Erfolg ist, wenn mir die Dinge, die ich mache, mehr Energie geben als sie nehmen”, dann darf das Emotionale immer stechen, denn wenn es dir Spaß macht, wirst du abends um 23 Uhr noch daran arbeiten. Es gibt immer Verpflichtungen, aber es ist sinnvoll regelmäßig zu prüfen, ob es wichtig ist oder nur Stress verursacht.
Was ich an dir bewundere, ist, dass du SO oft nicht nur die Probleme siehst, sondern mit Lösungen kommst. War das schon immer so und wie kann man in so ein Can-Do Mindset kommen?
Für mich hängt das sehr stark mit dem Denken in Lösungen und dem Stop Doing zusammen. Der Tag ist so voll und jedes Problem, mit dem man konfrontiert wird, muss man beiseiteschieben. Natürlich gibt es Probleme, aber wenn alles direkt eskaliert und dringend ist, geht man abends nach Hause und denkt sich „Das ist ein ganz schön hoher Preis, den ich hier zahle.” Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass man eigentlich etwas sehr Schönes macht. Du hast deinen Beruf selbst gewählt, mit Menschen, die du selbst eingestellt hast.
Wie wichtig ist deiner Meinung nach das “Gesicht” hinter der Marke?
Social Media, besonders Instagram, funktioniert besser über Menschen als über Marken. Instagram Stories kann jeder gestalten, aber die Wirkung ist mit einem Gesicht viel stärker. Ich würde empfehlen selektiv zu zeigen, wer man ist, aber nicht jeden Tag damit zu verbringen. Wenn du eine Situation hast, die sehr gut einfängt, wer du bist und wofür du stehst, poste sie. Aber bleib dabei authentisch.
Aktuell läuft AMELI ganz ohne Funding – was ist da deine Expertenmeinung?
Du hast ein Unternehmen gegründet, damit es im Best Case so läuft, dass du entspannt frühstücken und Sport machen kannst, um dich ab 11 Uhr an den Schreibtisch zu setzen. Mit Funding geht das nicht, weil du dich verpflichtest kontinuierlich zu wachsen. Das nimmt dir die Freiheit, über Wachstumsraten zu entscheiden und deine Prioritäten zu setzen, wie du es möchtest.
Welchen Ratschlag würdest du jungen Frauen geben?
Wann auch immer eure Selbstzweifel – Stichwort Imposter Syndrom – kommen, gebe ich euch folgenden Tipp: stellt einen Mülleimer ins Zimmer, schreibt Imposter darauf und stellt euch vor, wie ihr all eure Zweifel da reinwerft. Es bringt nichts, sich selbst klein zu machen und hat nichts mit Reflektion oder Demut zu tun, sondern saugt dir nur Energie aus dem Körper.
Was ist dein absolutes Lieblingsbuch?
"Im Grunde Gut" von Rutger Bregman. Wenn du die Welt weniger verstehst, könntest du wirklich denken, sie geht gerade unter. Rutger Bregman erinnert dich, ebenso wie Hans Rosling in Factfulness, daran, dass viele Dinge zwar furchtbar sind, aber beispielsweise die Kinderarmut so niedrig wie nie. Es geht darum, dass Fakten eine andere Sprache sprechen als Medien und der Mensch im Grunde gut ist. Wir sind nicht auf dieser Welt, um uns gegenseitig zu vernichten, sondern um zu überleben. Sozusagen, um ein gemeinsames Miteinander zu schaffen.