Strong Voice Interview #38: Mona Ghazi
In diesem Interview mit Strong Voice erfahren wir mehr über den unternehmerischen Weg einer bemerkenswerten jungen Erfinderin, die ihre Leidenschaft für Kreativität aus der Kindheit in eine erfolgreiche Karriere verwandelt hat. Sie verrät uns ihre wichtigsten Erkenntnisse, Strategien für den Spagat zwischen mehreren Projekten und praktische Tipps zur Steigerung der Produktivität und zum Abbau von Stress in einem anspruchsvollen unternehmerischen Umfeld.
"Verlieb dich in den Kunden oder in das Problem, nicht in die Lösung. Ich muss Spaß daran haben, mit wem ich arbeite, weil ich es sonst nicht lange durchhalten kann."
Mona Ghazi
Foto: Lina Retzlaff
Nicht jeder Teenager denkt an eine Gründung. Du schon. Gab es dafür einen Schlüsselmoment?
Ja, das ist immer eine gute Frage. Ich habe mich schon immer für das Erfinden von Dingen interessiert. Ich habe es geliebt, neue Dinge zu erschaffen und viele verschiedene Sachen zu entdecken. Und irgendwann im Kindergarten kam dann die Frage auf: Was möchtest du mal werden? Je mehr ich Dinge gebaut habe, desto mehr habe ich gemerkt, dass ich Erfinderin werden möchte. Daraufhin kam für mich irgendwann auch die Frage: Kann ich damit überhaupt Geld verdienen? Und dann hat mir jemand erklärt, dass Erfinder, die kaufmännisches Talent haben, Unternehmer sind. Es gab also keinen richtigen Schlüsselmoment. Es war eher so wie bei Fußballern, die einfach schon immer Fußball spielen wollten. Im Grunde ist es mir auch egal, in welchem Bereich ich das mache. Folgende Kriterien sind für mich dennoch wichtig: Ich löse ein großes, relevantes Problem. Ich kann dieses Problem für viele Menschen lösen. Ich habe eine Leidenschaft dafür.
Drei Dinge, die du in den Jahren als Unternehmerin gelernt hast?
Eines der größten Learnings ist: “Be the moderator of your own thoughts”. Und ganz oft hat man so viele innere Stimmen – jeder Mensch hat das eigentlich. Im Unternehmertum kommt das sogar recht häufig vor, weil man dauernd mit Dingen konfrontiert ist, die außerhalb der Komfortzone liegen. "Be the moderator of your thoughts" hilft mir zu sagen: "Okay, ich höre die Stimmen, aber das bin trotzdem nicht ich." Im Grunde ist es ein anderes Wort für ein gutes Bewusstsein und Selbstreflexion. Für mich ist das einer der wichtigsten Skills.
Das zweite ist, schnell zu lernen. Dafür suche ich mir einen Mentor oder eine andere Person, die schon da ist, wo ich gerne hin möchte. Bei dieser Person hole ich mir die Quick Wins. Also, wie komme ich am schnellsten zu meinem Ziel? Und das unabhängig davon, was ich mache. Ein gutes Beispiel ist meine dritte Firma. Ich weiß, dass das Wichtigste in einem Unternehmen eigentlich Marketing und Sales sind. Das Produkt muss noch nicht einmal fertig sein. Daher habe ich von Anfang an mit einem Journalisten gearbeitet, der für mich den Pitch geschrieben hat. Ich wusste, dass es sonst viel zu lange dauern würde, bis ich den Pitch geschrieben hätte. Und der dritte Punkt ist: Verlieb dich in den Kunden oder in das Problem, nicht in die Lösung. Ich muss Spaß daran haben, mit wem ich arbeite, weil ich es sonst nicht lange durchhalten kann. Also, ich kann schon lange durchhalten, aber wahrscheinlich gehe ich daran kaputt. Authentisch leben geht nur dann, wenn man etwas macht, was einem auch Spaß macht.
Du hast bereits gegründet und erfolgreich verkauft - was steht jetzt an?
Ja, es ist eine ganz spannende Phase gerade. Ich stelle das Team zusammen und wir bauen ein Gruppencoaching auf für Workaholic-Unternehmerinnen, die Entspannungsprobleme haben und lernen wollen, sich zu entspannen und kein schlechtes Gewissen zu haben.
Kannst du einen konkreten Hack verraten, den man sofort in seinen Alltag integrieren kann, um sowohl die Leistungsfähigkeit zu steigern als auch den Stress zu minimieren?
Es gibt wenige richtige Quickfixes. Das wäre wohl auch zu leicht, in dem Fall müsste man wahrscheinlich nicht mit einem Couch daran arbeiten. Journaling ist aber ein guter Weg, den man auch in einem vollen Alltag unterbringen kann. Folgende Fragen können ein guter Anfang sein:
Du arbeitest aktuell “nur” circa 5-6 Stunden am Tag. Bist aber trotzdem erfolgreiche Unternehmerin, Autorin, beginnst deine Doktorarbeit, und und und. Meine ganz ehrliche Frage: Wie machst du das?
Das fängt alles mit der Entscheidung an: die Entscheidung, dass ich nicht länger arbeiten möchte als diese Zeit.
Ich bin von meinem Persönlichkeitstyp auch ein Mensch, der sich gerne mit vielen verschiedenen Themen beschäftigt. Ich weiß, es gibt Menschen, die es lieben, sich auf ein Thema zu fokussieren, und ich mag gerne mehrere. Das heißt auch, dass man das nicht so einfach verallgemeinern kann. Meinen Kalender habe ich ähnlich wie mein Konto eingeteilt und gehe damit auch sehr ähnlich um. Ich habe ein bestimmtes Budget für Opportunities, zum Beispiel auch dieses Interview, das zähle ich in die Kategorie Public Relations, dafür habe ich so zwei Stunden die Woche eingeplant. Um anderen Leuten zu helfen, zum Beispiel Gratis-Coaching, Mentoring-Projekte, Vorträge an Schulen hab ich ca. 4 Stunden in der Woche. Dann gibt es natürlich auch noch Zeit für meinen PhD, das zählt für mich zur Weiterbildung. Es geht mir gar nicht um den Abschluss am Ende, sondern eher darum, mich zu vertiefen, etwas zu lernen. Zum Schluss gibt es natürlich auch noch ein Budget für die Tätigkeiten, durch die ich gerade am meisten Geld verdiene, also durch Coachings, Strategie-Sessions und Keynotes, dafür habe ich ca. 15 Stunden die Woche eingeplant.
Und alle anderen Aktivitäten zahlen im Grunde auch auf diese Ziele ein. Ich achte sehr darauf, dass die verschiedenen Projekte, die ich habe, alle das gleiche Thema bespielen. Die Mentorings, die ich mache, mein PhD, die Coachings, die Keynotes – ansonsten würde das wahrscheinlich auch nicht so gut funktionieren. Ich kann jetzt nicht gleichzeitig Energydrinks machen, Bücher schreiben, Philosophie studieren und so weiter. Ich glaube, das ist bei mir der Hack, dass sich bei mir einfach ein extrem roter Faden durchzieht und alle Sachen, die ich unter der Woche mache, immer mit dem Thema Unterbewusstsein, Glaubenssätze und Einstellungen zu tun haben. Dadurch fällt es mir leicht, da ich nicht so einen hohen Kontextwechsel habe. Das ist es, was viele Menschen im Arbeitsalltag viel Energie kostet – wenn sie ständig zwischen Aufgaben wechseln müssen. Denn dann braucht das Gehirn immer wieder Zeit, um sich auf die neue Aufgabe einzustellen.
Wenn man jetzt auch mit Neuro-Hacking starten möchte, wie stellt man das am Besten an? Gibt es bestimmte Bücher, Routinen, Podcasts?
Ein Quick Tip für den Kalender ist: Überleg dir, wie dein idealer Kalender aussieht. Das kann auch erst einmal utopisch sein. Überleg dir, wann du idealerweise aufstehen würdest, wann dein erstes Meeting starten würde usw. Und meistens ist es tatsächlich in der eigenen Kontrolle. Oft gibt es wöchentliche Meetings, an denen man zwar teilnehmen muss, aber auch die eigenen Grenzen kommunizieren kann – zum Beispiel lieber am Nachmittag statt am Vormittag. Meetings sind eigentlich der Haupt-Productivity-Killer und auch Energie-Killer in einer Woche. Der Grund, weshalb Menschen Meetings zusagen, die manchmal unnötig sind und Energie ziehen, ist, weil sie Angst haben, jemanden zu enttäuschen, wenn sie den Termin nicht direkt annehmen, oder weil die andere Person sie dann blöd finden könnte. Das ist vor allem bei Frauen ganz oft so. Man kann zum Beispiel mit mir im Coaching daran arbeiten oder auch mit anderen Coaches. Zu Beginn kann man sich aber auch damit beschäftigen, Glaubenssätze aufzulösen und neu zu definieren. Zu verstehen, was die Angst dahinter ist und woher diese eigentlich kommt, und dann lernen, das einfach höflich zu kommunizieren – das ist meistens der einfachste Hack. „Lass uns gerne ein Meeting machen, aber bitte erstens schick mir eine Agenda, zweitens überlegen, kann ich das delegieren oder kann ich das auch schriftlich erledigen? Also muss ich mich mit der Person treffen? " Und drittens ist sozusagen, wenn dann das Meeting stattfindet oder wenn man den Termin überlegt, fühle ich mich eher danach, den Nachmittag oder den Vormittag zu haben, oder will ich zum Beispiel einen kompletten Tag in der Woche gar keine Meetings haben?“ Zum Beispiel ist der Mittwoch immer ein ganz guter Tag, weil viele, vor allem introvertierte Leute, wieder Energie sammeln können.
ÜBER MONA GHAZI:
Mona Ghazi ist eine innovative Unternehmerin, die schon immer daran interessiert war, etwas zu erfinden und zu bauen, das der Gesellschaft hilft. Schon in jungen Jahren wusste sie, dass sie Unternehmerin werden wollte. Mit 14 begann sie ein Studium der Betriebswirtschaftslehre, gründete mit 16 ihr erstes Unternehmen und erwarb mit 17 einen zweiten Bachelor-Abschluss in Informatik. Derzeit promoviert sie im Bereich Neuro-Entrepreneurship und erforscht, wie Leistungsträger Achtsamkeit in ihr tägliches Leben integrieren können. Sie gründete das Neuropreneur Institute, um Leistungsträgern zu helfen, mit weniger Stress ihr Bestes zu geben. Für ihre herausragenden unternehmerischen Leistungen wurde sie als Top-20-unter-20-Gründerin und Newcomerin des Jahres bei den German Startup Awards ausgezeichnet.